„Ich bin gerne Lehrer gewesen;
und an junge Menschen etwas weiterzugeben,
was mich bei der Vorbereitung des Stoffes
selbst betroffen oder begeistert hat,
das war mein Anliegen.“
Theo Niester am 15. Mai 2015
in einem Brief an einen ehem. Schüler
Am 17. Mai 2017 verstarb in Münster StDir i.R. Theo Niester im 90. Lebensjahr. Am 23. Mai wurde er auf dem Zentralfriedhof beigesetzt. Am Seelenamt in St. Josef nahmen zuvor auch zahlreiche Pauliner und Paulinerinnen teil, darunter eine größere Gruppe seines ersten Abitur-Jahrgangs von 1961.
Niester wurde am 15. März 1927 in Westbevern geboren. Der Schulbesuch von 1933 – 1944 wurde durch den Kriegsdienst radikal unterbrochen; der endete in einer fast zweieinhalbjährigen russischen Kriegsgefangenschaft vom Mai 1945 bis Ende 1947. Vom Januar bis zum Oktober 1948 nahm der Verstorbene an einem Abiturkurs für Rückkehrer teil, den er erfolgreich abschließen konnte. Mit dem Sommersemester 1949 nahm Theo Niester das Studium der Fächer Germanistik, Latein und Geschichte an der WWU auf. Zuvor musste er jedoch wie alle Studienwilligen dieser Jahre am studentischen Baudienst beim Wiederaufbau des Schlosses zu Münster teilnehmen. Zu Beginn des 3. Semesters tauschte der so breit interessierte Student das Fach Geschichte gegen Archäologie und legte somit im Juni 1954 in den drei genannten Fächern das 1. Examen ab. Einer wissenschaftlichen Assistenz am Archäologischen Seminar der Uni Münster folgte das zweijährige Referendariat am Laurentianum in Warendorf. Im November 1957 trat Theo Niester als Studienassessor in das Kollegium des Paulinums ein. Dieser unserer Schule blieb er für seine gesamte weitere Laufbahn verbunden. 1960 wurde er zum Studienrat ernannt, 1966 zum Oberstudienrat. Im Jahre 1971 übernahm Niester die Aufgabe des Verwaltungsstudienrates, wurde 1973 zum Studiendirektor und 1975 zum Stellvertretenden Schulleiter ernannt. Zum Ende des Schuljahres 1990 trat der Verstorbene in den Ruhestand ein. 2014 feierte er im Kreis seiner Familie -zwei Töchter, ein Sohn und vier Enkel- seine diamantene Hochzeit.
Theo Niester wird vielen Paulinern und Paulinerinnen als ein Pädagoge und Geisteswissenschaftler in Erinnerung bleiben, der auf
seinen Feldern mit großer Offenheit zu informieren, hinzuweisen, zu vermitteln und zu vertiefen vermochte. Dies geschah zugleich in einer stilvollen Atmosphäre und in gegenseitigem Respekt. Das
Unterrichtsklima beschreiben viele als äußerst angenehm, liberal, keineswegs doktrinär. Ein Absolvent seines ersten Abi-Jahrgangs 1961 bemerkte: „Man konnte ihm wirklich gut
vertrauen!“
Ende der 1960er Jahre waren viele Dinge auch am Paulinum noch nicht selbstverständlich. In den 1960er Jahren hielten auch die
Werke von Bertolt Brecht verstärkt Einzug ins Stadttheater Münster. Die Analyse und Interpretation des „Guten Menschen von Sezuan“ in Niesters Unterricht sowie der Besuch im Theater sind z.B. in
der Abiturientia 1969 unvergessen. Der Forderung nach Einbringung von „Arbeiter-Literatur“ im Unterricht begegnete Theo Niester gelassen. Er brachte Gegenwarts-Lyrik aus der DDR in den Unterricht
ein und stellte durchaus ansprechenden und gelungenen Texten auch Produkte des „sozialistischen Realismus“ gegenüber. Als sich in einer Klasse jener Jahre einige Jungen zusammentaten und ein
eigenes Bändchen „Pegasus junior“ mit selbst verfassten Gedichten und Prosa-Texten herausgaben, reagierte Niester aufgeschlossen und konstruktiv: Er besprach diese Arbeiten im Unterricht,
lobte, kritisierte, stellte nachdenkliche Fragen. Er nahm seine Schüler jedenfalls ernst, entmutigte sie keineswegs, sondern spornte sie still und nachhaltig an.
Theo Niester war breit engagiert, auch in seiner Pfarrgemeinde St. Josef als Kirchenvorstand, Lektor und Mitglied der Choralschola. Als Lehrer hat er seine Amtspflichten mehr als erfüllt. Seine Begeisterung für seinen Beruf zeigte sich über den Unterricht oder über die Verwaltungstätigkeit hinaus. Mehrere Jahre leitete er die Theater-AG am Paulinum, gab auch Deutschunterricht für Ausländer an der VHS. Legendär wurde seine „Arbeitsgemeinschaft Flugmodellbau“, mit der er viele junge Leute intensiv wie konstruktiv auch in ihrer Freizeit beschäftigte. So wird Theo Niester als ein Lehrer in Erinnerung bleiben, der auf hohem fachlichen Niveau mit ebenso hoher menschlicher Kompetenz junge Leute am Paulinum über viele Jahrzehnte gefördert und geprägt hat. Requiescat in pace!
Hans-Peter Boer (1969)